Ach du Schreck! Diese Bundestagswahlergebnisse! Nein, so ganz unerwartet ja nicht, aber trotzdem. Wochenlang habe ich Antworten gesucht - das Ergebnis: NICHTS. Meine Fragen sind geblieben. Wird die Bundesrepublik Deutschland jetzt auf einmal normal? Also europäisch, meine ich. Nähern wir uns z.B. italienischen Zuständen? Soll heißen: die Christdemokraten ausgeknockt (Horrovision der CDU: die Democrazia Christiana hatte mal 38,3 %, das war 1979, 1987 waren es noch 34 % und 1994 schließlich 11,07 %...); die kommunistische Partei (schon seit längerem irgendwie ziemlich sozialdemokratisch) existiert heute nur noch auf den Festen der Unità, also der italienischen UZ. Alles drängt zur Mitte, Centrodestra, Centrosinistra. In der Bundesrepublik ja auch: Mitte rechts, Mitte links, Mitte Mitte. Im Gedrängel nur noch schwer zu unterscheiden, wer wofür eigentlich steht, CDU, SPD, Grüne. Vielleicht noch die neue FDP, die transneoliberale Lindnerblütentruppe. Bitte? Die LINKE? Die schielt doch auch verstohlen hin zur Mitte, schillerflüsternd: sie sei, man gewähre ihr die Bitte, im Bunde bei den Wahlen die dritte.
Logische Folge: das naive Polit-Navi befiehlt: Nach rechts abbiegen. Dort ist sie ja schon, die europäische Internationale der Nationalisten, der FN, die Lega Nord, die 5Stelle, die Partij voor de Vrijheid, halb Ungarn, halb Polen und jetzt kommt auch die AfD dazu... Und die CSU.
Aber Ernst beiseite! Zu den Antworten auf die zeitlose Lenin-Frage WAS TUN gehört auch der Hinweis auf die tiefere Bedeutung, welche die Satire, der Scherz und die Ironie haben, in unseren Zeiten. In den USA haben den Emmy-Award 2017 gerade die Sendungen und Schauspielerinnen, Schauspieler und TV-Serien gekriegt, die Politik oder PolitikerInnen aufs Korn nehmen, nicht zuletzt diesen Donald Trump. Das Medienunternehmen Univision hat schon 2016 die US-Satire-Zeitschrift "The Onion" gekauft, weil ihr Chef gemeint hat, Satire werde immer wichtiger auf der politischen Ebene, "allein die Ironie erregt noch Aufmerksamkeit, z. B. bei dem Weg der Kandidaten zum Weißen Haus". Und die Böhmermann-Story hat das auch für die BRD zutage gebracht (wobei man über Stil und Geschmack der Satire streiten kann).
Wie wäre es z.B. mit einer Modenschau im Fernsehen, mit dem Sketch "Des Gaulands neue Kleider". Gut, ein Kaiser ist der Alexander nicht. Aber ihn nackt auf dem Schirm zu sehen, hilft vielleicht mehr als viele Worte gegen ihn als Zugpferd der AfD. Oder: wenn Alice Weidel in jeder Talkshow von den Moderierenden vor jedem Beitrag gefragt wird: "Wollten Sie nicht gerade wieder gehen?" Ein Beispiel, wie sowas funktionieren kann, hat gerade die HeuteShow geliefert: der AfD-Verbalnazi Höcke ist inzwischen als "Bernd" ein Runninggag in den Medien geworden.
Doch! Sowas kann funktionieren! Ein weiteres Beispiel: mein Lied "Du lässt dich gehn, ach SPD..." habe ich 1972 geschrieben und unverdrossen gesungen. Und siehe die Bundestagswahlergebnisse 2017...! Gut, sicher: nicht ich allein hab das bewirkt. Aber immerhin.
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Ceterum censeo Machismum esse delendum. (frei nach Cato dem Älteren) Auf gut deutsch: Ich denke übrigens, dass der Machismus endlich zerstört werden muss.
(Wie schön: ich stelle fest, dass die Zustimmung ständig zunimmt; selbst von Männern)