Grund zum Zittern (1) Sie hat gezittert. Schon zum dritten Mal. Was hat sie nur, die Kanzlerin? NICHTS hat sie, sagt sie. Wirklich? Wie schön! Das hätte ich nie gedacht! Ich habe sie doch gar nicht im Verteiler. Ich kenne noch nicht mal ihre Email-Adresse. Sie hat NICHTS, also geht es ihr gut. Sagt sie. Sie sei, das habe sie neulich schon mal gesagt, in einer Verarbeitungsphrase – äh, nein:„Verarbeitungsphase der letzten militärischen Ehren mit dem Präsidenten Selenskij“. Also nicht – wie es hieß – der Wassermangel bei der großen Hitze, sondern die letzten militärischen Ehren haben sie zum Zittern gebracht. Und das ist nun „offensichtlich noch nicht ganz abgeschlossen“. Sagt sie. Man ist besorgt. BILD und der Kölner EXPRESS heute in Riesenbuchstaben auf den Titelblättern. Aber nicht nur die. „Wie geht es Ihnen?“ Fragt etwa eine finnische Journalistin in der Pressekonferenz. „Die Leute machen sich Sorgen um Ihre Gesundheit.“ Angela Merkel reagiert wie es in Italien der Brauch ist (und inzwischen in Deutschland vielleicht auch). Die Frage: „Wie geht’s?“ löst die pistolenschnelle, alle weiteren Fragen niederbügelnde Antwort aus: „Gutt, Gutt! Sehr gutt! Warum??“ Im Kanzlerinnenoriginalton: „Sehr gut und man … äh, muss sich keine Sorgen machen.“ Also ich glaube das einfach nicht! Die Kanzlerin schon, sie hat gesagt: „Ich glaube, dass es so, wie es gekommen ist, eines Tages auch vergehen wird. Aber es ist noch nicht so weit“. Ach! Jetzt verstehe ich! Dass es so gekommen ist, wie es gekommen ist, lag an diesen militärischen Ehren. Und wenn diese militärischen Ehren dann mal verschwinden, weil es wirklich die letzten waren, ist es auch so weit, dass Angela Merkel nicht mehr zittern muss. Ich auch nicht, Gottseidank! Grund zum Zittern (2) Grund zum Zittern habe ich derzeit schon noch. Und auch das hat mit Militär zu tun. Nicht so direkt mit den Ehren. Sondern, im Gegenteil, mit dem Trump. Ich müsste eigentlich dankbar sein, weil es mir bei dem, was der da schon wieder abliefert, eiskalt den Rücken hinunterläuft. Angesichts der andauernden Superhitze doch ein Labsal, eigentlich. Aber ich vergesse trotz Hitze und Labsal nicht, was Trumps Vorgänger George W. Bush geliefert hat: einen Irak-Krieg (2003). Und was für einen! Damit wollte er seinem Daddy imponieren, der den ersten Irakkrieg gestaltet hat (1990 - 1991). Der kleine Georgi hat gezeigt, dass man noch nicht einmal die Genehmigung des UN-Sicherheitsrats braucht, wie der Pappi. Ich hab damals ja gedacht, den kleinen George W. kann keiner mehr untertreffen, nicht nur was Kriege angeht. Dann kam Trump. Und - wer weiß - kommt jetzt ein Irankrieg? Ich habe fast jedes Mal gezittert, wenn der Trump wieder was getwittert hat. Oder geschwätzt. Das Militär hat der Donald gerade über und über zugeschüttet mit verbalen Ehren, am 4. Juli. Und er sagte: „An die Jugend unseres Landes: Jetzt ist die Chance, sich der Armee anzuschließen und etwas wirklich Großartiges mit eurem Leben zu machen." Wie meint er das? Ich mag gar nicht daran denken, was da noch so alles kommen kann, bevor ich nicht mehr zittern muss. Grund zum Zittern (3) Den hat derzeit Ursula von der Leyen. Sie fiebert undemokratischen Ehren entgegen. Nun gut, wenn am nächsten Dienstag das europäische Parlament sie zur Kommissionspräsidentin wählt, ist das nicht ganz undemokratisch. Nur: dass das EU-Parlament überhaupt in diese Situation gekommen ist, hat mit Demokratie wenig, wenn nicht sogar nichts zu tun. Sondern mit Gemauschel. Und Geschacher. Also mit Diplomatie. Jetzt aber sind sie alle, die Kommission, das Parlament, die 27 Regierungschefs der EU, die sind ab jetzt in der Verarbeitungsphase der letzten demokratischen Ehren. Und das kann sich noch hinziehen, lange, sehr lange. Doch da müssen wir uns keine Sorgen machen, denke ich, um Europa: ich glaube, dass es, so wie es gekommen ist, eines Tages auch vergehen wird. Aber es ist noch nicht so weit. Das weiß auch Ursula von der Leyen. Und deshalb hört sie ganz schnell auf zu zittern. Ab nächsten Mittwoch. Aber keine Sorge: neue Zitterpartien gibt es ganz bald und genug. Auch ohne Jogi Löw, irgendwann.