Tourismus 2023

Die Medien und die Reisebüros sind begeistert: endlich boomt es wieder. Nicht nur die mehr oder weniger reichen Bürger und Bürgerinnen jetten wieder durch die Welt. Oder  an die deutschen Ferienorte überall im Land. Nein, auch die Spitzen der verschiedenen europäischen Staaten sind oder waren unterwegs. Ihr Ziel immer das selbe: die Ukraine, vor allem die Hauptstadt Kiew. Boris Johnson (als er noch als Premierminister randalieren durfte). Die Regierungschefs von Polen, Tschechien, Slowenien und Österreich. Aus Italien gleich zweifach: Draghi, bevor er zurückgetreten worden war, und dann auch die neue Regierungschefin Giorgia Meloni. Frankreichs Macron, die Präsidentin der EU, Ursula von der Leyen. Auch Joe Biden, zuerst ganz geheim, dann hinterher umso medienallgegenwärtig. Und vor zwei Tagen auch der Generalsekretär der UNO, António Guterres.

Klar, dass da auch die Bundesrepublik Deutschland nicht fehlen wollen durfte. Von ganz oben an ging es los. Olaf Scholz war da, nach dem ihm eigenen wochenlangen Überlegen. Annalena Baerbock, wie immer ganz überlegen und mit ihrer Posaune, der neue dynamischaktive Verteidigungs-minister Boris Becker… äh nein, natürlich Pistorius, hahaha. Robert Habeck plant eine Reise, ebenso Christian Lindner („im Spätsommer oder Herbst“). Wichtig: auch die Vorsitzenden der Ausschüsse, die verteidigungsrabiate Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der CDU, der SPD-Spezialist für das Auswärtige, Michael Roth und der Ex-Grüne Anton Hofreiter. Nicht fehlen wollten die Parteivorsitzenden von CDU, Friedrich Merz, und kürzlich auch der von der SPD, Klingbeil. Der dann heftig genervt reagierte auf die Fragen von Christian Sievers im ZDF-HeuteJournal vom 6. März. Und der Papst hat, als er über den Krieg in der Ukraine sprach, gezittert und geweint.

Und alle, alle, alle haben sie dem derzeit wichtigsten Mann in Europa und „Person of the Year“ (TIME), Wolodymyr Selenskyi, nicht nur warme Worte, sondern auch ordentliche Geschenke mitgebracht. Milliarden. Zusagen für weitere Milliarden. Waffen aller Art, Stahlhelme, Winterklamotten, Schrotflinten, Panzer. Auch die besonders perfekten Leopold 2, gebaut in Deutschland, verkauft in alle Welt, jetzt zurückgerufen oder -gekauft von Olaf Scholz, Nach seinem angeblich klugpolitischen Zögern und seinem peinlichen Druck auf die USA, die das leider veröffentlicht haben. Von den 104 Leopoldpanzern der Bundeswehr sind nur 20 einsatzbereit. Die Kisten müssen noch repariert werden (das dauert) oder gewartet (der TÜV ist überlastet), Lieferung also nicht vor ein paar Monaten, so lange darf der Krieg halt nicht enden. Gerne auch noch länger. Wenn wieder ausreichend Munition produziert wurde. Die Waffenfabrik, die Rheinmetall in der Ukraine errichten will, ist auch kein Ding von heute auf morgen. Genug Zeit also, um statt zunächst einhellig entschiedener Ablehnung dann eben doch Kampfflieger zu liefern oder die vom ukrainischen Außenminister gewünschten Streubomben. Bitte? Vom Völkerrecht verboten? Hihihi, die Ukraine hat das Oslo-Übereinkommen nicht unterzeichnet. Ätschebätsch! Die sind doch so wirksam, wie das Bild rechts hier zeigt

Und wenn Selenskyi dann vielleicht am Ende auch noch Atomwaffen fordert?  Weil Vertragsverhandlungen mit Putin nur möglich sind nach einem Sieg über Russland? Warten wir’s ab. Wer weiß, ob dann Annalena Baerbock auch das unterstützt. Und Bündnis90/Die Grünen wieder – wie bei der Verlängerung der Nutzung von Atomenergie – nach dem alten norddeutschen Sprichwort handelt: Wat mutt, dat mutt. Und zustimmt. Sorry.

Probleme aber auch für die Verteidigungsbereitschaft der Bundesrepublik. Wie schnell ist man in irgendeinen Krieg hineingestolpert. Die 100 Milliarden von Scholz („Zeitenwende“-Rede) reichen nicht. Sagt Boris Pistorius. Kurze Diskussion über Wiedereinführung der Wehrpflicht. Nein, das dann doch nicht. Dafür aber das: die Bundeswehr leidet ebenso unter Personalmangel wie die deutschen Krankenhäuser. Und lockt mit geilen Karriereangeboten.

Zuerst jedoch muss das kiewtouristische Reiseprogramm zu Ende gebracht werden. Die dritte Gewalt einer Demokratie, die Justiz, war noch nicht da. Mindestens der Bundesverfassungsgerichtspräsident Dr. Stephan Harbarth muss reisen. Und dann die ganzen weiteren politischen Wichtigkeiten: die Länderregierungschefs und – chefinnen, die Oberbürgermeister der großen Städte, Berlin (wenn es wieder einen gibt), Hamburg, Köln, München. Dann die der kleineren Städte wie Bonn oder Bielefeld. Am Ende auch die Bürgermeister von Dörfern wie Neckargemünd, Schnaitsee oder Weilheim an der Teck. Nicht zu vergessen die ganzen SEO-Manager (vielleicht sind die ja längst da, so heimlich wie Biden?). Schließlich gibt es für alle die Chance, nach dem Krieg beste Geschäfte dort zu machen. Kreditrückzahlungen. Aufbauprojekte. Autobahnen. Regierungspaläste. Schwimmbäder und all sowas.

Ich sehe ein, wie sinnvoll, weil profituösweltwirtschaftsfördernd die Reisen nach Kiew sind. Sicherlich wird das auch über kurz oder lang China erkennen. Und endlich kommt dann auch Xi Jinping nach Kiew. Wenn er sich nicht vorher doch entscheidet, Russland Waffen zu liefern. Und dann die USA ihre Drohung wahrmachen, dass dies „ernste Probleme“ verursachen würde. Was, um Himmels Willen, sind denn „ernste Probleme“? „Die USA streben keinen neuen Kalten Krieg an“ verlautbarte das US-Außenministerium. Etwa einen Heißen?

Aber ich will nicht Panik verbreiten. Leben wir weiter unser fröhliches Leben in dieser Zeit der weißen Turnschuhe und Vollkörper-Tätowierungen. Und des wieder auferstandenen Tourismus-Booms. Es gibt ja so schöne Ziele für einen normalen, ruhigen und erholsamen Urlaub. Hier ein paar Beispiele zur Anregung.

Nordsee
Amsterdam
Spanien