NICHTS zum Lachen

Nachvollziehbar

Wer gerne lacht, hat es nicht leicht in diesen Zeiten. So arg viel Gründe dafür gibt es nicht zu berichten, vielleicht noch von Martin Schulz: der befindet sich ja im Landeanflug auf den Kanzlerhangar, verliert dabei - wie üblich bei einem Landeanflug - ständig an Höhe, die letzte Positionsmeldung zeigt ihn bei 29 %. Wo Schulz landen will, sitzt noch immer Angela Merkel, die nicht an Abflug denkt. Ihr droht von Schulz und auch sonst keine Gefahr, so lange sie ihre überzeugende neue Stereotyp-Antwort gibt: "Das ist nachvollziehbar". Trumps Raketenangriffe auf Syrien oder Afghanistan: nachvollziehbar. Das Ergebnis beim Referendum für den Putativsultan Erdogan ist nachvollziehbar. Vermutlich auch das Wahlergebnis von Marine Le Pen. Eine wunderbare Vokabel! Irgendwie sind selbst die Terror-Attacken des IS und seiner wahnsinnigen Freiwilligen nachvollziehbar. Das sagt Angela Merkel natürlich nicht. Für mich ist das nachvollziehbar.


Treu bleiben

Allgemein hoher Wertschätzung erfreuen sich Menschen, die treu bleiben, vor allem auch sich selber. Ein solcher Mensch - sogar ein Mann, doch, ja! - ist Donald Trump. Er bleibt, was er offensichtlich schon immer gewesen ist: unberechenbar. Seine Haltung zur NATO, zur Kriegsbeteiligung in Syrien, seine Einschätzung von Putin, Merkel, selbst zu Stephen Bannon: alles unberechenbar. Das ist einer hohen Wertschätzung wert. Das macht ihn interessant. Das ist spannend.
Wird er einen neuen Weltkrieg anzetteln? Wird er allen US-Bürgern die Ausreise verbieten, weil sie mit den dabei ausgegebenen Dollars lieber America great again machen sollen? Wird er sich von Melanie scheiden lassen und Meryl Streep mit Heiratsangeboten nerven, im Wahn, auf diese Art eine seiner schärfsten Gegnerinnen mundtot machen zu können? Nichts ist unvorstellbar. (NICHTS dagegen ist nicht unvorstellbar). Trump bleibt Trump und damit sich treu. Das müssen wir nicht nur akzeptieren, das müssen wir wertschätzen. Auch wenn wir dann irgendwann in Luftschutzbunkern sitzen. Weil der US-Präsident, gerade mal wieder eine Schokoladentorte verschlingend, sämtliche seiner Mutterbomben nach Lust und Laune auf irgendwelche Länder hat schmeißen lassen. Wozu Angela Merkel sagt... äh, nein, lassen wir das. 
(Kleine Anmerkung: manche Menschen werden sich sogar immer noch treuer, Wolfgang Schäuble zum Beispiel, Winfried Kretschmann, Joschka Fischer, Otto Georg Schily usw.)

Noch ein paar Sätze zur Wahl in Frankreich...

Bei der heraufziehenden Stichwahl kommt auf jeden Fall ein Ergebnis heraus, das noch auf Jahre hinaus seine Auswirkungen nicht nur auf Frankreich, sondern auch auf Europa und damit logischerweise auf die BRD haben wird. Siegen wird entweder die Rechts-Anwältin Le Pen. Hierzu findet sich eine begeisternde Nachricht in la Repubblica vom 27. April. Vor 15, 20 Jahren sei der Front National noch ein Schreckgespenst gewesen und verteufelt worden. So wie sich übrigens auch die arme, arme AfD selbstbemitleidet. Heute aber sei das vorbei. Der FN sei nicht mehr teuflisch, er sei entdiabolisiert. Das weckt düstere Vorahnungen. Vielleicht wird die Le-Pen-Truppe ja schon bald vergöttert. Und fährt himmlische Wahlergebnisse ein. Und das wiederum führt zu mehr Hoffnungen bei den Sekten in anderen Teilen Europas, die ähnlichen veralteten Glaubensbekenntnissen anhängen. 
Oder es gewinnt der massenbewegende Emmanuel Macron. Der ist, was kaum jemand weiß (wahrscheinlich sogar er selber nicht), ein heimlicher Marxist. Von Karl Marx stammt unter so vielen anderen auch das Zitat: "Jeder Schritt echter Bewegung ist wichtiger als ein Dutzend Programme".
Der Urnengang bleibt also spannend. Die Doppelbedeutung des Wortes Urne ist inzwischen ebenso alt, albern und nervtötend wie das Establishment in so vielen Staaten, von den USA bis Österreich. Davon profitieren überall Populisten. In der durchaus nicht ganz unberechtigten Hoffnung, selbst als neues, natürlich ganz anderes Establishment gewählt zu werden. Wie z.B. in Ungarn der Herr Orban. In Polen Beata Szydlo. In den USA der Herr Trump. In Frankreich also Le Pen oder Macron, Der ja mit seiner Parole "En Marche" bereits mächtig "auf dem Vormarsch" ist, um den enfants de la Patrie den endgültigen Jour de gloire zu bescheren. Wie? Nobody knows.

...und im Herbst in der BRD

In Deutschland über alles, im deutschen Vaterland also, in welchem es nach wie vor in der Nationalhymne nur Väter und Brüder gibt, an Müttern und Schwestern dagegen mangelt, hat der Marsch ja leider einiges von seinem einstigen Wert verloren, so dass sogar die AfD wahrscheinlich nicht versuchen dürfte, den Erfolg von Macron zu kopieren, indem sie als Slogan kreiert "Marsch, marsch!!". Was denen wohl noch so alles einfällt für die Wahlen im vielleicht wieder mal heißen Herbst? "Wir machen Deutschland wieder groß"? Und auch den anderen Parteien? Dem Bündnis90/Die Grünen zum Beispiel, die vielleicht gar nicht mehr im Bundestag landen? Und dann mit Freddy Quinn wehmütig klagen "Schön war die Zeit, so schön"? Und was ist, wenn die CDU/CSU jubelt, die 48 % hätten sie wirklich verdient, nachdem der als Kanzlerkandidat eingewechselte Horst Seehofer das Steuer übernommen hatte?
Sieht aus, als hätte Bert Brecht es gerade eben geschrieben und nicht 1938: Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten...

NICHTS zum Lachen also. Oder vielleicht gerade deshalb und erst recht?

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