Titel? – Heute mal ohne. Geht auch.

Wie schnell so ein Monat vergeht. Fast so schnell wie die letzten 20 Jahre. Meine letzten 20 Jahre. Umgekehrt dauert manches endlos lang. Zum Beispiel bis Corona weg und die alte Normalität wieder da ist. Oder auch manches ewig lange Treffen der Kanzlerin mit den 16 Ministerpräsident*innen. Bei dem dann doch wieder nur die neue Normalität rauskommt.

Es ist eben alles relativ. Das weiß ich auch. Über hundert Jahre ist es her, dass Einstein seine Theorie veröffentlicht hat: Es hängt alles von der Beobachterperspektive ab. Ein Beispiel: von meiner Perspektive aus gesehen ist Friedrich Merz recht extrem rechts. Von seiner Perspektive aus ist er in der Mitte der CDU. Das wäre schlimm, wenn es so wäre.

Aber zurück zur Zeit. Das Schlimmste, was uns mit der Zeit passieren kann, ist, dass wir zu viel davon haben und zu wenig, was wir damit anfangen können. Bevor mir das passiert, schaue ich schnell bei Wikipedia nach und lerne, was Langeweile ist: das unwohle, unangenehme Gefühl, das durch erzwungenes Nichtstun hervorgerufen wird oder bei einer als monoton oder unterfordernd empfundenen Tätigkeit aufkommen kann.

Da hab ich ja Glück: dieses Jahr 2021 dürfte ziemlich kurzweilig werden. Nein, nicht allein wegen Covid-19. Ich rede von den Wahlen. Von den vielen Tages-Wahlen: Kreistage, Landtage, Bundestag. Das fängt an am 14. März (Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz) und endet am 26. September (Berlin, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern). Und was bei Covid-19 die Inzidenzwerte sind und die Todesopferzahlen (notabene: das heißt immer „mit oder im Zusammenhang mit“), das sind bei den Wahlen die Meinungsumfragenbestandsaufnahmezahlen. Bitte? Richtig: da gibt es keine Todesopfer. Weder mit noch im Zusammenhang mit. Was die Politik betrifft, sind wir nicht so weit wie die USA, Stichwort Sturm auf das Kapitol, da gab es ja Tote. Bei uns nicht; noch nicht? Sorry, ich bin Optimist und meine: noch lange nicht. Trotz dem versuchten Sturm auf den Reichstag im letzten August. Einen Adolf Trump gibt es in Deutschland nicht. Bitte? Ja, ja, ich weiß: Hitler konnte nicht twittern. Aber gewählt wurde er auch.

Gespannt bin ich, wer neuer Bundeskanzler wird. Nein, hier gilt nicht die immer noch weit verbreitete „Mitgemeint“-Arroganz. Ins Kanzleramt marschiert in jedem Fall ein Mann. Kann ja sein, dass die Grünen sich noch die Entscheidung abquälen, dass nicht Robert Habeck, sondern seine Bundesvorsitzendenkollegin Annalena Baerbock kandidieren soll. Aber selbst wenn – die Grünen haben zurzeit eine schon länger andauernde Meinungsumfragenhochzeit; zu baden-württembergischen Zuständen aber reicht es diesmal im Bund noch nicht. Glaube ich. Leider.

Ebenso gespannt bin ich auch, ob bei den Wahlen im Herbst Olaf Scholz immer noch Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten ist. Oder ob vorher in diesem Wahlpoker die Wirecard sticht und Olaf-Immerheiter passen muss. Und ob die SPD dann die 5%-Hürde zu überspringen schafft. Wäre schön. Mir würde irgendwie irgendwas fehlen, wenn nicht. Gab doch immer was zu lachen. Was macht eigentlich Rudolf Scharping? Ist der noch in der Pool-Position?

Vieles hängt bei alledem dann doch auch wieder von Covid-19 ab. Wer schlussendlich das Überleben schafft. So eine Firma wie die Lufthansa, die mit der spärlichen mit der 9-Millionen – bitte? Na meinetwegen 9-Milliarden – Unterstützung durch den Bund ständig kurz vorm Bankrott steht. Oder ein arbeitsloser Staatsorchester-Geiger in Frankfurt mit 7.000 € für Oktober 2020, die er schon längst verbraucht hat und den weiteren üppigen 7.000 für November, die schon Ende März auf seinem Konto sein dürften. Ich meine: der Geiger kann ja auf der Zeil geigen, da kann er leicht sein Sümmchen für den Monat reinholen, in seinen alten Schlapphut. Das kann der Chef der Lufthansa, Carsten Spohr, nicht. Ich weiß nicht, ob der überhaupt geigen kann. Er will es aber lernen, lerne ich. Erste Fortschritte hat er schon gemacht. Er hat es weiteren 10.000 Mitarbeiter*innen gegeigt, dass sie demnächst auch auf der Zeil ihr Geld holen können.

Übrigens: ich kann von Glück sagen, dass es Corona nicht früher eingefallen ist, auch Deutschland zu überfallen. Etwa um 1968 rum. Da hätte ich wahrscheinlich überhaupt nirgends mehr hin- oder von einem Besuch etwa Italiens nicht mehr zurück nach Hause reisen dürfen. Damals war ich nicht nur nicht systemrelevant, sondern sogar systemkritisch. Und dass ich in vielem so negativ eingestellt war, hat das nur verschlimmert, damals. Heute ist negativ ja was ganz Positives.

Alles unheimlich kompliziert. Überhaupt unheimlich. Mir bleibt nur die Hoffnung, dass ich möglichst bald sagen kann: wie schnell ist das doch vorübergegangen mit dieser Coronakatastrophe und jetzt gehöre ich nicht mehr zur Über-80-Risikogruppe. Jetzt habe ich die Chance, noch ein paar Jahre lang NICHTS zu machen. Oder sonst was systemrelevantes.