…und weiter NICHTS

Ich habe ja kürzlich erzählt, dass ich jetzt aufhöre, NICHTS zu machen. Aber das war falsch, ganz falsch! Das haben mir auch all jene gesagt, die meinen Entschluss bedauert haben. Ich revidiere denselben also hiermit. Weil ich, als ich aufgehört habe, NICHTS zu machen, ja trotzdem alles mögliche gemacht habe. Damit will ich aufhören. Damit muss ich aufhören. Und will wieder NICHTS machen, so oft ich dazu komme. Damit ich in fernen Jahren beim Rückblick auf mein Leben sagen kann: jaja, die 20er Jahre! Spannende Zeiten! Damals bin ich ein Held geworden. Ein besonderer Held. Ein richtiger deutscher Held. So wie Anton Lehmann. Kennen Sie nicht? Aber doch! Sie haben es doch sicher auch gesehen, diesen ersten Spot aus einer endlosen Serie. Falls nicht: klicken Sie mal hier

Toll!! Einfach toll!

Ich bin begeistert! Science Fiction! Von dieser Bundesregierung! Da sitzt ein Mann im Bild, in welchem Jahr es sein soll, wird leider nicht gesagt, vielleicht 2077 ?, und er erzählt von der fernen Vergangenheit, dem Jahr 2020. Dass er als Student zum Helden wurde. Weil er nichts getan hat. Nichts! Gar nichts! Absolut gar nichts!! Faul, sagt er, faul wie die Waschbären seien sie damals gewesen. Sind Waschbären eigentlich faul? Na egal.

Jetzt! Jetzt haben sie den richtigen Weg gefunden. Die Helden der Publicity der Bundesregierung. Angela Merkel soll zu Tränen gerührt gewesen sein, als sie diesen Start-Spot sah. Eine Minute und 35 Sekunden. Klar, das wird auch all jene berühren, die bisher noch immer demonstrieren. Mit den Masken als Augen- und Ohrenschutz, gegen Faktenviren und Info-Aerosole. Die Kreuz- und Querdenker. Die Bill-Gates-Opfer. All die anderen verschworenen Theoretiker. Sogar die Rechtsradikalen werden innehalten und sich fragen: Ist das nicht richtig, was da gesagt wird? Dass wir zu Helden werden, wenn wir aufhören zu protestieren? Und so werden jetzt in aller Kürze sich alle Deutschen den so urdeutschen Wunsch erfüllen: Held*innen zu werden.

Heldengerechtigkeit

Irgendwie war das auch ungerecht. Dass nur die Ärzt*innen und Pfleger*innen und Krankenschwester*innen als Held*innen gefeiert wurden. Weil sie so viel gearbeitet haben und geleistet haben und gelitten haben. Das konnten wir anderen doch gar nicht bieten. Bis vor kurzem. Bis eben der Anton Lehmann kam. Auf Youtube geschickt von der Bundesregierung. Mit der Botschaft: Nichts tun! Gar nichts. Überhaupt nichts!

Die Begeisterung war sofort international. Die italienische Tageszeitung La Repubblica schrieb von dem „genialen deutschen Anti-Covid- Spot“. Und überschlug sich fast vor Bewunderung, als der zweite und dritte Spot dazukamen, mit Antons Frau Luisa Lehmann und dem hochdekorierten Tobi Schneider. Auch sie waren Held*innen geworden. Auch sie durch Nichtstun, gar nichts, überhaupt nichts. Waschbären eben. Eine endlose Reihe von Waschbären.

Wie es weitergeht

Ich weiß, ich darf das eigentlich nicht verraten, aber sei’s drum: zurzeit wird ein neuer Spot gedreht. Ist ein bisschen aufwendiger, weil da alle Regierungschef*innen drin sein müssen, von der Kanzlerin über Scholz und Altmaier zu Söder und seinen ganzen Kolleg*innen. Alle werden sie da sitzen oder dort liegen, vor einem Computer oder einer Dose mit kalten Ravioli, und werden davon schwärmen, dass auch sie jetzt nichts tun, gar nichts, überhaupt nichts. Eine Ausnahme nur: der Herr Kretschmann. Wie ich zu hören gehabt vermute, macht er da nicht mit. Er will immer noch seine linksradikale Vergangenheit auf- bzw. abarbeiten. Weshalb er auf die ständigen Kirchenbesuche mit Beichtstuhlgang nicht verzichten können will. Aber er ist ja auch so schon ein Held. Und seine Kollegen sind überglücklich. Weil sie dauernd so viel getan haben und einfach keine Held*innen wurden. Aber jetzt…!

Meine Konsequenzen

Und was mache ich jetzt? Schon seit meinem 11. Lebensjahr sehne ich mich danach, ein Held zu werden. Wie Old Shatterhand. Oder Winnetou. Oder Siegfried. Oder mindestens wie Meister Eder. Alles mögliche hab ich versucht, nie hab ich es geschafft. Und jetzt, nach Jahrzehnten erfahre ich, dass ich es ja geschafft habe, ein Held zu werden, ohne es zu wissen! Indem ich seit drei Jahren NICHTS mache. Einfach NICHTS. Da kann ich doch nicht aufhören. Auch wenn es mir manchmal schwerfällt. Aber ich muss doch meinen Mit-Deutschen zeigen, wie Covid besiegt wird. Wie es uns die Lehmanns zeigen und der faule Tobi Schneider und all die anderen.

Und hiermit biete ich mich der Bundesregierung an für einen Spot, wer weiß, vielleicht den 71. dieser genialen Serie. Da wird dann gezeigt, wie ich lässig auf dem Sofa rumlümmele und ein weiteres Mal NICHTS mache. Und dann schaut Covid zur Tür rein, sieht mich und erschrickt zu Tode und rennt weg, davon, wohin weiß ich nicht, aber jedenfalls weit weg und für immer. Für immer! Einfach aus Angst vor uns Waschbären!